Stellungnahme der Fraktionsvorsitzende "Bündnis 90/die Grünen" Dr. Andrea Wagner:
"Wir Grüne stehen für eine Politik des Gehörtwerdens. Deshalb haben wir bis zuletzt gehofft, dass die rechtlichen Vorraussetzungen für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erfüllt werden und ein Bürgerentscheid stattfinden kann. Denn solch eine große Entscheidung gehört in die Hände aller Bürger.
Die Entscheidung heute über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ist keine politische Entscheidung, sondern eine rein rechtliche. Und da gibt es strikte Vorgaben, an die wir uns alle halten müssen, nach denen wir entscheiden müssen, egal ob wir etwas anderes wünschen oder nicht.
In der Gemeindeordnung BW unter Paragraph 21 sind diese Vorgaben klar geregelt. Dort heißt es unter Absatz 3, dass das Bürgerbegehren u.a. „einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten muss".
Der Punkt, der Kostendeckung ist für uns ein extrem wichtiger. Gerade in Zeiten von Corona ist unsere Haushaltssituation alles andere als komfortabel. Wir befinden uns wahrlich in einer finanziell dramatischen Lage und hoffen die nächsten Jahre so gut es geht über die Runden zu kommen.
Daher haben wir uns genauer mit dem Kriterium beschäftigt. Was heißt - ein Vorschlag zur Kostendeckung - nun also konkret?
Wir haben recherchiert, um heute nach besten Wissen und Gewissen zu handeln.
Dabei stellte sich vor allem die Frage: In wie weit müssen Folgekosten bei diesem Vorschlag mit betrachtet werden?
Gestoßen sind wir auf die Seite von Wegweiser Bürgergesellschaft.de. Der Wegweiser Bürgergesellschaft ist ein Projekt der Stiftung Mitarbeit, eine Stiftung des bürgerlichen Rechts,die sich die Förderung von Bürgerbeteiligung, Bürgerengagement und Selbsthilfeaktivitäten zum Ziel gesetzt hat. Sie ist parteipolitisch unabhängig und gefördert durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.
Dort auf diesen Seiten wird zur Frage der Kostendeckung ein Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zitiert, das besagt, dass sobald nicht nur einmalige Kosten, sondern darüber hinaus Folgekosten verursacht werden „auch eine höhenmäßig bezifferte Prognose und ein Vorschlag zur Deckung dieser Kosten notwendig“ ist. Die Betrachtung der Folgekosten muss also vom Initiator mit bedacht werden, damit ein Kostendeckungsvorschlag als ausreichend gilt. Nachzulesen ist dieses Urteil laut Seite auch in Städte- und Gemeinderat 5/1998:126.
Diese Betrachtungsweise macht in unseren Augen Sinn, denn wir brauchen für die dort anzusiedelnden Menschen ebenfalls nach der Ansiedlung Grundversorgung und nicht alles davon wird durch Fördergelder komplett gedeckt werden können. Als Gemeinderat haben wir Verantwortung. Verantwortung für die Verwendung der Steuergelder aller Bürger. Wir müssen sie im Interesse aller Bürger verwalten und ausgeben. Deshalb ist dieser Punkt enorm wichtig. Denn was, wenn wir am Ende bei unserer derzeitigen Haushaltslage uns mit diesem Projekt übernehmen und wir als Stadt in Folge dessen noch nicht mal mehr unseren Status Quo aufrecht erhalten könnten? Schon heute wissen wir, dass wir u.a. in den nächsten 5-10 Jahren Millionen in unsere marode Wasserversorgung stecken müssen. Wir wissen, dass unsere Betreuungseinrichtungen auf Kante genäht sind und wir schon jetzt mindestens einen Kindergarten für mehrere Millionen Euro neu bauen müssten. Und das bei einem Haushalt, der durch Corona schwere Verluste hinnehmen musste. Deshalb kann dieser Punkt nicht einfach überflogen bzw. lapidar abgetan werden. Die alleinige vorübergehende Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes wird nicht reichen.
Im zugehörigen Faltblatt zur IBA wird zudem zum Thema Finanzen folgendes gesagt:
„Gartenschau und IBA‘27 ReserVoir schließen sich nicht aus. Beides sind wichtige Projekte für die Stadt und werden durch das Land Baden-Württemberg und weitere umfangreiche Fördertöpfe stark bezuschusst.“
Man bekommt hier als Bürger das Gefühl vermittelt, es würde sich bei einer Bewerbung um die IBA genauso verhalten wie bei der Bewerbung um die Gartenschau. Wenn man angenommen wird, bekommt man aus einem Fördertopf beim Land Geld, um sein eingereichtes Projekt zu verwirklichen und einen Großteil der Kosten zu decken. Dem ist aber nicht so. Der Bürger wird an dieser Stelle in die Irre geführt. Wir haben bei unseren Expert:innen in unsrer Fraktion im Landtag nachgefragt und bekamen die Aussage, „dass die IBA’27 keine eigenen Fördermittel zur Verfügung hat, um Projekten finanziell direkt unter die Arme zu greifen“. Daher sollte „bei der Antragsstellung um IBA-Projekt zu werden, die grundlegende Finanzierung für ein Projekt bereits stehen.“
Damit ist der in der Gemeindeordnung rechtlich geforderte Punkt der Kostendeckung in unseren Augen nicht ausreichend erfüllt.
Die Initiatoren haben hier leider ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Daher können wir das Bürgerbegehren nicht als zulässig erklären. Alles andere wäre in unseren Augen rechtlich nicht korrekt und verantwortungslos gegenüber allen Bürgern dieser Stadt.“